Sommer 2008 - "Little Wing" auf der Ostsee - Erfahrungen

Dieser Post gibt die technischen Erfahrungen wieder.
Der Törnbericht ist hier.
Hier das Video dazu: Part 1 Part 2

Autopilot?
Zum Kennenlernen des Bootes bei mittlerem und stärkeren Wind ist und bleibt das Sitzen an der Pinne unersetzbar. Nur so bekommt man das richtige Gefühl für das Boot. Aber das ist ja insoweit offensichtlich.
Feststellen der Pinne geht auf am Wind Kursen bei mittlerem Wind ganz gut. Man holt die Segel nicht ganz so dicht wie eigentlich nötig. Bei Böen (über-)zieht die Little Wing etwas ins Luv, der Segeldruck geht leicht zurück, flaut der Wind etwas ab, geht sie leicht ins Lee, die Fahrt ist gut.
Sicherlich eignet sich diese Methode nicht für die Regatta, aber während eines langen Segeltages ein, zwei Stunden die Pinne nicht halten zu müssen, tut gut.
Bei halbem und achterlichem Wind ist mir diese Methode nicht gelungen. Kleine Änderungen der Windstärke führten zu viel grösseren Kursänderungen.Was etwas komisch ist, da ich die Fam so trimmen konnte, dass ich bei halbem Wind die Pinne, ohne sie festzustellen loslassen konnte. Vielleicht war der Wind zu böig, oder das muss vielleicht noch besser geübt werden.
Irgendwann braucht es vielleicht doch noch einen Autopiloten.

Bügelanker
Der wenige Pfund schwere klappbare Schirmanker und die kurze, kleingliedrige Kette sind völlig ausreichend fürs Heimatrevier, schienen aber für die Ostsee zu mager. Nach langem Studieren fiel die Wahl auf den Bügelanker von Rolf Krazniek. Siehe auch weiter unten.
Dahinter die vorhandene Kette als Vorlauf, und eine 30 m Ankerleine, die im vorderen Teil bleiverstärkt ist.
Zwar hatten wir in der Helnaes Bucht einen geschützten Ankerplatz und eine ruhige Nacht, aber alles in Allem schien diese Lösung sehr vertrauenserweckend.
Wie der Anker arbeitet, zeigte sich am Morgen beim Anker heben. Er sass bombenfest, erst als wir genau über ihm lagen lies er sich dank langem Schaft leicht ausbrechen. Ein Berg voll Schmodder auf der Flunke zeigte, wie tief er sich eingegraben hatte.

Sitzkissen?
Auf Dauer hat sich die geriffelte Sitzfläche im Cockpit schon als ziemlich hart herausgestellt. Allmählich bekommt man ein Gefühl, als würde Hornhaut am Allerwertesten wachsen. Zwar haben grosse zusammengelegte Badehandtücher als Unterlage geholfen, dennoch haben wir uns gefragt, ob wir nicht Sitzkissen machen lassen sollten. Bei strammem Wind, wenn man immer wieder auf die hohe Kante klettert, könnten sich Sitzpolster aber als hinderlich herausstellen. Der ideale Kompromiss ist noch nicht gefunden und muss noch eine Weile durchdacht werden.

Reffs und Reffleinen
Für die vorgefundenen Windverhältnisse bis 5 bft, war ich froh, dass ich im Winter vom Segelmacher ein zweites und drittes Reff einarbeiten lies. Es hat sich gezeigt: wer rechtzeitig refft, fährt schneller (und komfortabler).
Am Lümmelbeschlag sind keine Reffhaken. Also wird die Cunningham an die Refföse am Vorliek gebändselt. Das hat sich ganz gut bewährt, da man das Vorliek zumindest im unteren Teil nachträglich noch etwas straffen kann.
Die Little Wing hat eine durch den Baum geführte Reffleine zur Öse am Achterliek. Das tut seinen Dienst für das erste Reff problemlos, aber beim zweiten und dritten Reff kommt der Baum durch den ungünstigen Winkel der Reffleine zum Schothorn unangenehm tief. Also wird der Baum über die Refföse am Achterliek mit einem Bändsel hochgebunden.
Das geht alles, nur es braucht Zeit und man fährt recht lang in den Wind, bis alles fertig ist. Ohne Motorunterstützung erscheint das schwierig.
Im Jeanneau-Handbuch ist ein Ein-Leinen-Reff-System dargestellt. Aber drei Leinen für drei Reffs einziehen? Und das ganze Schlamassel mit den langen im Cockpit herumfliegenden Reffleinen beim Einholen des Gross? ich weiss nicht, ob mir das gefällt.
Auch hier muss noch eine Weile gedacht werden.

Roll-Booster
Damit hat Fritz Segel eine tolle Universallösung für leichteren Wind im Programm. In Verbindung mit dem Gennakerbaum der Sun Fast 20 eine super Lösung. Der Booster, der ähnlich wie ein Gennaker geschnitten ist, geht recht hoch an den Wind, entfaltet die volle Kraft bei halbem und achterlichem Wind und wenn's dann sein soll, lässt er sich vor dem Wind auch ausbaumen.
Der Booster kam bei diesem Törn zwei Mal zum Einsatz. Ein Mal bei sehr leichtem Wind vor Middelfart, als wir keine Lust hatten, schon zu motoren. Das andere Mal bei 3 bft achterlich auf dem Weg nach Assens. Speed Boost von 4 auf 6 kn, Höchstgeschwindigkeit 7. So war's gedacht. Dabei so leicht im Handling. Wenden, wenn man höher am Wind ist: Mit dem Endlosroller einrollen, wenden, ausrollen, trimmen, fertig. Halsen wie mit dem Gennaker. Einholen: Aufrollen, fertig. Geht man Bug voraus in die Box, Gennakerbaum einfahren, Spischot leicht dicht holen, schon wieder fertig.

Echolot, Logge und Windmesser
... hat die Little Wing nicht. Wind wird mit dem Handwindmesser gemessen, Geschwindigkeit (über Grund) mit dem Hand-GPS, Wassertiefe wird aus der Karte ausgelesen.

Während die Frage nach der Geschwindigkeit über Wasser (bei wenig Strömung) nun mal so entscheidend nicht ist, und auch der Wind eher ein nice to have wäre, ist die Tiefe, auch bei einem solch kleinen Boot oft interessant. Gerade in Revieren wie der dänischen Südsee und dem Kleinen Belt mit den teils sehr engen Fahrrinnen kann man hier und da sicherlich abkürzen. Aber wo und wieviel? Ist die Karte genau genug? Also besser den langen Weg durch die Rinne, und das kann schon mal eine Stunde mehr bedeuten.
Aber wenn man dann wirklich mal trocken fallen will, geht das, oder ist dann der Geber im Eimer?
Also auch hier sind noch Überlegungen anzustellen.

Kommenare zu den Themen erwünscht

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

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